Am Samstag habe ich das Manuskript für mein Buch »Wir führen anders! 24½ befreiende Impulse für Manager« abgegeben und heute beauftrage ich den Druck. Ändern lässt sich dann nichts mehr. Und dabei ist mir mal wieder aufgefallen: Nicht alle Fehler sind wirklich Fehler.
Als vor einigen Wochen die ersten Cover-Vorschläge für mein Buch eintrudelten, war eine Version dabei, die mir auf anhieb gefiel: Mal was ganz anderes. Ein Cover, bei dem der Leser erstmal genau hinschauen muss, bevor er es versteht.
Sofort ging mir durch den Kopf: Das wäre doch mal was. Ein Cover wo alle sagen »Wow, das ist aber mal cool. Das muss ich mir mal genauer anschauen.«
Überhaupt dachte ich: Wozu immer diese lahmen Buchcover? Das ist wie im Unternehmen, wo jede gute Idee an dem Satz zerbricht: »So haben wir das schon immer gemacht«. Gute Ideen werden oft schon gar nicht mehr geäußert, weil sich Mitarbeiter gehemmt fühlen. Sie haben Sorge, dass nicht nur die neue Idee zerbricht, sondern ihre eigene Reputation gleich mit.
Am gefürchteten Reputationsschaden lag es dieses Mal eher nicht, dass ich mich schließlich gegen das sehr unkonventionelle Cover entschieden habe. Eher an der Sorge, dass man zu lange brauchen könnte, um den Text auf dem Cover zu lesen. In ein paar Monaten werde ich vielleicht feststellen, dass das ein Fehler war.
Aber Moment mal. Kann ich das überhaupt? Also feststellen, dass es ein Fehler war?
FUTURE LEADERSHIP
Die intrinsify Ausbildung
Löse Führungsprobleme, die andere noch nicht mal verstehen.
Nur wer NICHT entscheidet, kann Fehler machen
Eine Entscheidung für das Cover brauchte es ja nur, weil weder ich noch irgendwer anderes wissen kann, welches besser ankommt. Stünde mir das ganze Wissen zur Verfügung, könnte ich objektiv beurteilen, was ich tun muss. Wenn gute Cover das Ergebnis einer Rechenaufgabe wären, dann gäbe es keine schlechten.
Entscheiden heißt, dass ich, in Abwesenheit vollständigen Wissens, aus mehreren Optionen eine auswähle, obwohl sich keine als offensichtlich richtige aufdrängt.
Wenn ich entscheide, kann ich also keine Fehler machen.
Umgekehrt heißt das: Nur wenn ich nicht entscheiden muss, kann ich Fehler begehen.
Zum Beispiel beim Korrektorat, dass meine Agentur für mich übernommen hat. Wenn Du in meinem veröffentlichten Buch einen Rechtschreibfehler findest (Challenge accepted?), dann wurde ein Fehler begangen. Denn Rechtschreibung ist objektiv. Wir wissen, was richtig und falsch ist.
Wer einen Text korrigiert, muss also nichts entscheiden. Der Textprofi, der einen Rechtschreibfehler findet, muss ja nicht überlegen, ob er ihn korrigiert. Da gibt es nichts zu entscheiden. Der wird korrigiert, fertig!
Und wenn er ihn nicht findet, dann habe ich allen Grund mich zu beschweren. Denn er hätte es ja sehen können. Er hat also selbst einen Fehler begangen.
Klar, der Fehler kann versehentlich begangen worden sein. Das lasse ich aus Toleranz vielleicht einmal durchgehen. Bei einem langen Buch auch zweimal. Aber spätestens beim vierten Mal werde ich sauer. Zurecht.
Fehlerkultur ist nicht erstrebenswert
Für Dich als Chef bedeutet das, dass die berühmte Fehlerkultur nicht erstrebenswert ist. Präziser: Wenn es sich wirklich um Fehler handelt, sollten die nicht gedulden werden.
Das magst Du mir jetzt als Wortklauberei auslegen, ich halte die Differenzierung aber für wichtig. Denn Fehler im Interesse irgendeiner Verantwortungsbereitschaft, grundsätzlich zu dulden, geht zulasten der Qualität und damit der Kundenzufriedenheit.
Die Unterscheidung macht’s. Wo Mitarbeiter echte Entscheidungen treffen, können sie auch keine Fehler begehen. Sie können sich natürlich irren, doch daran kann man vorher nichts ändern. Könnte man es, würde das implizit bedeuten, dass es doch Wissen gab, dass für die Entscheidung relevant gewesen wäre.
Zwischen Fehler und Irrtum zu unterscheiden, hilft Dir zu wissen, wann Du schimpfen oder trösten musst.
So, ich lese mir jetzt noch einmal die Satzfahne durch und dann geb ich das hoffentlich fehlerfreie Ding in Auftrag. Wenn das Buch floppt, brauche ich Trost;)
Irrtum- anstatt Fehlerkultur – also bewusst zwischen Fehler und Irrtum zu entscheiden könnte so vielen Unternehmen helfen, mutiger zu werden um Neues in der eigenen Organisation einfach mal auszuprobieren und Innovation nicht nur der F&E-Abteilung zu überlassen.
Danke für den inspirierenden Artikel, lieber Mark!
Fehlerkultur etablieren? Auf jeden Fall!
Qualitätsführerschaft anstreben? Auf jeden Fall!
Und, passt das zusammen? Natürlich nicht!
Ich habe lange versucht zu erklären, „welche Art von Fehlern“ toleriert werden sollen. Missverständnisse waren in den Diskussionen eher die Regel als die Ausnahme.
Vielen Dank für diese tolle Unterscheidung zwischen Fehler und Irrtum. Mit den Erläuterungen und Beispielen ist es so offensichtlich! Hätte man auch gleich drauf kommen können… Danke für den Augenöffner!