In einem Startup gibt es noch keine Abteilungen, keine ausgeprägten Prozesshandbücher, Hierarchieebenen und sonstigen formalen Strukturen.
Die externe Referenz, der Markt also, ist das, was das Startup steuert. Gesteuert wird also von Außen, nicht von Innen.
Im Wachstum geht diese Marktnähe oft verloren. An die Stelle des Marktes rücken bürokratische Verwaltungsapparate (heute immer öfter im agilen Gewand gekleidet). Das wollten wir bei intrinsify vermeiden. Auch wir sind inzwischen kein Startup mehr.
Ich möchte Dir heute einen kleinen Einblick geben, wie wir uns hier bei intrinsify organisieren.
Wir haben 4 wesentliche Geschäftsmodelle:
- Die Ausbildung von Führungskräften, Organisationsentwicklern/Beratern und Top Executives (Akademiegeschäft)
- Die Begleitung der Organisationsentwicklung auf Top-Entscheiderebene (Beratungsgeschäft)
- Das Veranstalten der Multi-Format-Konferenz work-X Festival (Veranstaltungsgeschäft)
- Das Halten von Vorträgen durch insbesondere Lars und mich (Vortragsgeschäft)
Jedes dieser Geschäftsmodelle bringt sehr unterschiedliche Anforderungen mit sich, ist auf entsprechend unterschiedliche Talente angewiesen und beinhaltet Routinetätigkeiten (Wertschöpfung der Norm) sowie Kreativarbeit (Wertschöpfung der Ausnahme).
Jedes Geschäftsmodell ist auf Vertrieb, Weiterentwicklung, IT-Dienste, Buchhaltung, Markenarbeit, Einkauf (im weitesten Sinne), Leistungserbringung etc. angewiesen.
Die meisten Unternehmen teilen die Organisation im Wachstum entlang dieser Funktionen. Der Vertrieb kümmert sich um den Vertrieb für alle Geschäftsmodelle, das Marketing ebenso usw.
Das führt allmählich zu den bekannten Schnittstellenproblemen und steigenden Koordinationsaufwänden, in denen alle ersticken.
Deshalb haben wir die intrinsify Organisation nicht entlang der Funktionen, sondern entlang der Geschäftsmodelle geteilt. Bei uns gibt es keine Marketing-, Vertriebs-, IT- oder sonstig irgendeine Leitung. Keine Abteilungsleiter also. Und keine Abteilungen.
Trotz unserer geringen Größe (zählt man alle Mitarbeiter, Freelancer und an der Wertschöpfung direkt beteiligten Partnerunternehmen mit ein, reden wir von aktuell gut 20 Personen), gibt es stattdessen 4 organisatorische Einheiten:
- Die Future Leadership Einheit für das Ausbildungsgeschäft
- Die Organeers Einheit für das Beratungsgeschäft
- Die work-X Einheit für das Veranstaltungsgeschäft
- und eine Zentrumseinheit
Streng genommen denken wir Lars und mein Vortragsgeschäft auch als zwei weitere Einheiten, aber das blenden wir hier mal aus.
Die drei ersten Einheiten sind für das Business verantwortlich und werden aus dem Zentrum OPERATIV NICHT gesteuert.
Im Falle der Organeers (Beratungsgeschäft) materialisiert sich diese Denkweise sogar in einer ausgegründeten GmbH. Das hat den zusätzlichen Vorteil, auf leichte Weise für “Skin in the Game” bei den Geschäftsführern zu sorgen – nämlich durch Gesellschafteranteile. So entfachen wir auch ihr volles unternehmerisches Talent.
Bei den übrigen Einheiten ist eine solche Ausgründung ein ebenfalls mögliches wenngleich nicht zwingendes Szenario.
Die dezentralen Business-Zellen treffen alle operativen Entscheidungen autonom: Sie stellen Mitarbeiter ein, sie investieren in Betriebsmittel, sie entscheiden welche IT sie nutzen usw.
Und was macht die Zentrumseinheit?
Grob gesprochen zweierlei: Sie dient operativ und sie steuert strategisch.
Operativ dienendes Zentrum
In der Business-Zelle entstehen laufend neue Routinetätigkeiten. Manche davon sind so generisch, dass sie sich über die Geschäftsmodelle hinweg nicht unterscheiden. Für solche (aber auch für die Zell-spezifischen) bietet die Zentrumseinheit ihre Hilfe an.
Achtung Falle: Das Zauberwort ist Anbieten, nicht Zwangsbeglücken.
Die Distanz zum Markt stellt für das Zentrum nämlich eine chronische Gefahr der Pflichtanmaßung dar, die ohne das richtige Organisationsdesign schnell dazu führen kann, dass das Zentrum liefert was die Peripherie gar nicht braucht.
Wer im Konzern arbeitet, kennt das. Zentrale Dienste schwellen ohne die richtige Schnittstelle immer weiter an, bis man sie Wasserkopf nennt.
Deshalb steht jede Business-Zelle operativ hierarchisch über dem Zentrum. Den Kennern sind solche Gedanken von Pionierunternehmen wie W.L. Gore oder Handelsbanken bereits bekannt.
Also noch einmal ganz unmissverständlich: Wenn eine Mitarbeiterin in unserem Zentrum anbietet, die Reisen für unsere Berater zu managen, kann die Business-Zelle Organeers – die Beratung also – freundlich ablehnen.
Wir fragen uns regelmäßig gemeinsam: »Was könnten wir euch zentral abnehmen? Was müssten wir an euch Business-Zelle zurückgeben?« So bleibt das Zentrum zwangsläufig nah am Markt.
Strategisch steuerndes Zentrum
Anders sieht das bei der Strategie aus. Strategie ist Zentrumsaufgabe. Strategie ist die unternehmerische Wette (siehe dazu auch »Was ist eine gute Strategie?«).
Wenn jede Business-Zelle nur ihre eigene Strategie im Sinn hätte, ohne an einer Gesamtstrategie ausgerichtet zu sein, zerliefe sich alles in nicht aufeinander abgestimmten Entscheidungen und der Zusammenhang zu dem großen Ganzen würde zunehmend seine Bedeutung und Wirkung verlieren.
Bei uns heißt das beispielsweise, dass die intrinsify Strategie so gewählt ist, dass die Aktivitäten der Future Leadership Akademie und der Organeers sich mühelos begünstigen. Beratungskunden werden zu Akademieteilnehmern. Akademieteilnehmer zu Beratungskunden. Und diese Kunden empfinden keinen Bruch sondern Passung.
Aus dem Zentrum kommen auch größere Innovationen. Unser neues work-X Festival zum Beispiel musste strategisch zu allem anderen passen. Dazu braucht es einen zentralen Knoten, bei dem sich alle strategischen Ideen zu einem sinnvollen unternehmerischen Gesamtbild verbinden können.
Das heißt nicht, dass wir die Business-Zellen nicht an den vielen Diskussionen beteiligen. Im Sommer saßen wir mit allen Kollegen in Freiburg zusammen und haben intensiv über die intrinsify Strategie und die möglichen Entscheidungen gesprochen. Treffen tun diese aber am Ende Lars und ich. Das ist auch jedem klar, da geben wir uns keiner Romantik hin.
Konkrete Beispiele
- Wenn Katharina (das Brain hinter unserem Future Leadership Angebot) einen Designer beauftragt, dann stellt sie dafür nirgends einen Antrag.
- Wenn Anja (unser organisatorisches Rückgrat im Zentrum) eine Designerin für die Namensschilder in der Future Leadership Ausbildung beauftragt, ebenso wenig.
- Wenn Anja dann Katharina die fertigen Namensschilder anbietet und letztere ablehnt, dann hat Anja gelernt, dass sie beim nächsten Mal vorher besser Katharina fragt.
- Wenn Anja zu viel zu tun hat, dann springt vielleicht Lena ein, wir haben ja keine Abteilungen.
- Wenn Lena (Social Media und Content Talent) Gäste in den Podcast einlädt, bei denen es um Organisationsentwicklung geht, bittet sie die Organeers nicht um Erlaubnis.
- Wenn die Organeers aber dauerhaft für sich keinen Vorteil in der intrinsify Markenarbeit sieht, erhöht sie ihren Eigenanteil an der Markenarbeit und reduziert die Finanzierung des Zentrums. Und dann fragt sich Lena: »Was kann ich wohl besser machen?«
- Wenn Lars und mir alle nahelegen, dass wir die intrinsify Meetups nicht auslaufen lassen sollten und wir es trotzdem für richtig halten, dann tun wir es.
- Wenn ich Daniel (Gründer der Organeers) meine Hilfe im Projekt nahelege und er freundlich ablehnt, dann überlege ich mir, was ich mit der gewonnenen Zeit anstelle. Er hat das letzte Wort.
Dass wir dabei keine Webfehler machen, wäre genauso gelogen wie wenn ich behaupten würde, dass wir keine Probleme hätten. Und abgucken solltest Du Dir sowieso nur das Denken, niemals die konkrete organisatorische Lösung.
Was ich aber sagen kann: Wir fahren aktuell unter dem Strich sehr gut mit diesem Aufbau der Organisation und bemerken, wie eine Hand in die andere greift. Darauf wollen wir weiter setzen.
Ich hoffe, Dir hat dieser kleine Einblick gefallen.