Unternehmensführung

Kein Mitarbeiter kann sich leisten auf Appelle zu hören

Gute Führung sucht nach dem Sinn im Unsinn
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Winterferien. „Blau Gelb“ und der „VFB“ suchen händeringend einen Ort, an dem sie in den nächsten Wochen trainieren können. Die Stadt hat jedoch nur eine nutzbare Sporthalle. Was tun? Auswürfeln? Lose ziehen? Die Idee der Trainer: Die beiden Mannschaften teilen sich die Halle.

Faire Idee. Aber: Wer die „Teufelskicker“ kennt, weiß um die erbitterte Feindschaft der beiden Vereine im Raum Stuttgart. Die Sterne stehen also nicht besonders günstig für ein faires Miteinander der beiden Mannschaften.

Die Trainer tun ihr Bestes. Sie appellieren an den Sportsgeist der Kontrahenten. Klar, sind sie Gegner auf dem Platz. Aber hier haben sie doch das gleiche Ziel: Sie wollen die Ferien zum Trainieren nutzen. Wenn sie also jetzt nicht am gleichen Strang ziehen, haben sie alle das Nachsehen.

Alle nicken mehr oder weniger überzeugt. Klingt ja auch komplett einleuchtend. Notsituation. Alle müssen zusammenhalten.

Die Traineransprache ist beendet. Und jetzt? Jetzt fliegt der Appell über den Haufen. Jetzt wird die Luft aus den Bällen gelassen. Die Kreidelinie, die die Trainingsbereiche aufteilt, wird heimlich verschoben. Die Tennisballmaschine als Kanone missbraucht. Feuer frei.

Die Traineransprache war rundum vernünftig. Sicher. Und trotzdem total nutzlos.

Klar, ist Zusammenarbeit prima. Aber doch nicht mit denen!

Solche Turnhallenschlachten kennt letztlich auch jedes Unternehmen. Die Mannschaften heißen hier nur anders. Vielleicht teilen sich die Monteure und die Fertiger die Halle. Oder die Vertriebler und die Konstrukteure den Bürotrakt.

Letztlich egal, die Ballkanone ist an. Denn auch wenn sie natürlich alle am Erfolg arbeiten, stehen sie sich dabei gegenseitig im Weg.

Und wenn Tennisbälle durch die Luft fliegen, ist es mit dem Unternehmenserfolg auch nicht weit her. Man muss etwas tun!

Auf der Gesamtbereichsversammlung will deshalb der engagierte Bereichsleiter beherzt eingreifen und die Dinge zum Guten wenden. Er macht eine Ansage – einen Appell an die Mannschaft.

„Leute, wir erleben in letzter Zeit immer öfter, dass Ihr bei Euren Entscheidungen andere Abteilungen nicht mit einbezieht. Dabei wissen wir doch alle: Die meisten unserer Probleme kann eben gerade nicht einer allein lösen. Da braucht es geballtes Wissen – das Wissen der Kollegen. Also setzt euch doch einfachmal gemeinsam an einen Tisch.“

Ach so, zusammenarbeiten. Gut, dass Sie’s sagen.“

Der Chef hat eine klare Ansage gemacht. Jetzt wissen alle, worauf es ankommt.  Jetzt müsste es doch eigentlich laufen.
Tut es aber nicht. Warum nicht? Hört denn keiner zu? Doch, klar. Aber die Botschaft erreicht sie nicht.

Appelle sind Anweisungen vom Mond.

Appelle werden immer aus der Überzeugung heraus abgegeben, dass die Mitarbeiter an der jeweiligen Stelle ein Wissensdefizit haben. Oder dass sie willentlich den Unternehmensinteressen zuwider handeln. Und da muss man ihnen auf die Sprünge helfen. Logisch.

Aber Unwissenheit ist gar nicht das Problem. Die Mitarbeiter WISSEN SEHR WOHL, dass Zusammenarbeit lebenswichtig ist. Aber jeder in der Mannschaft weiß auch, dass der Chef mit seiner Anweisung von der Realität weit entfernt und dass es mit dem An-Einen-Tisch-Setzen eben reichlich kompliziert ist.

Die von der anderen Abteilung wollen ja gar nicht reden. Und die, die es wollen, verfolgen dabei stur ihren eigenen Stiefel. Und sie treffen Entscheidungen aus ganz seltsamen Erwägungen heraus.Vorhang auf für die Abteilung „Prozessoptimierung“ und die Schweißerei! Die Prozessoptimierung hat eine Mission – und sie betont immer wieder, dass die Mitarbeiter in der Schweißerei doch endlich aufhören sollen, so viel Bestand aufzubauen. Denn dadurch würden die Durchlaufzeiten in der Produktion viel zu hoch.

Stattdessen sollen sie die Losgrößen verkleinern. Aber dann müsse man mehr rüsten, entgegnen die Schweißer – und dann steht die Maschine still. Eine Todsünde. Denn jede Maschinenstunde koste nun mal Geld.

Nein, sagt die Prozessoptimierung. Das sei nur eine Pseudozahl. In Wirklichkeit wäre die Maschine doch längst bezahlt. Das Geld sei also weg. Jetzt ginge es nur noch um eines: Wie man die Produkte so schnell wie möglich durch die Produktion bekäme. Kosten tut nur die verlorene Minute am Engpass.

Die beiden Bereiche bleiben stur, jeder beharrt auf seinem Standpunkt. In dieser Situation soll er jetzt helfen, der Appell ans Miteinander: „Versteht bitte die Argumente des anderen und findet einen gemeinsamen Weg. Zum Wohle unseres Unternehmens.“

Solange Enten auf bunte Erpel stehen, wird der sich nicht bedeckt halten – nur, weil der Fuchs lauert.

Machen die aber nicht.  Es ist für den Schweißer absolut logisch, die Maschine auszulasten. Er weiß, dass Zusammenarbeit große Klasse ist. Aber er weiß auch, was in seinem System für Regeln gelten. Und die wird er einhalten. Weil er in diesem System überleben will. Appelle hin oder her.

Wenn wir also wollen, dass sich das Verhalten ändert, müssen wir fragen: Warum ist es für den Mitarbeiter opportun so zu agieren? Warum handelt unser Schweißer so und nicht anders?

Sucht den Sinn im Unsinn!

Gründe kann es viele geben. Fast schon auf der Hand liegt, dass die Maschinenauslastung eine Kennzahl in der Abteilung ist – an der er gemessen wird. Oder er ist mit der Ansicht im Unternehmen groß geworden, dass Maschinen halt laufen müssen.

Und sein Umfeld stabilisiert seine Überzeugung. Sein Meister sagt immer wieder: „Wenn die Maschine steht, verlieren wir Geld.“ Und das geben die alten Hasen auch an die Lehrlinge weiter. Und jetzt kommt der Prozessoptimierer und sagt, dass die Erde eine Scheibe ist…

Und wenn ich jetzt an Verständnis oder Schulterschluss zum Wohle des Unternehmens appelliere, dann wird das rein gar nichts bewirken. Die Mitarbeiter werden weiterhin nach ihren Systemregeln handeln, vor allem dann, wenn sie daran gemessen werden.

Wenn ich nicht weiß, warum die „Teufelskicker“ und der „VFB“ nicht nur auf dem Platz erbitterte Gegner sind. Wenn ich nicht weiß, dass dahinter ein handfester familiärer Konflikt steckt, dann kann ich 100 Mal an Fairness und Sportsgeist appellieren. Es wird trotzdem scharf geschossen.

Der Blick hinter die Kulissen, die Suche nach dem Sinn hinter dem vermeintlich unsinnigen Tun ist anstrengend. Aber genau das ist echte Unternehmensführung. Appelle sind für diejenigen, die nur etwas loswerden wollen. Echtes Interesse braucht fleißgetriebene Detektivarbeit.

Die Schuldigen sind eben nicht diejenigen, die sich vermeintlich falsch verhalten. Sie sind oft nur in einem falschen System gefangen. Nein, es sind diejenigen, die das System gebaut haben. Und es am Leben erhalten.

Moment, kommt dann oft der Einwand, es gibt ja wohl auch Mitarbeiter, die so überhaupt nicht wollen, die einfach nur destruktiv ist. Die muss man eben immer wieder einnorden.

Ja sicher, es gibt den einen oder anderen, der innerlich gekündigt hat und vielleicht gibt es sogar solche, die sabotieren wollen. Ja, es mag in jeder Firma 1-3% schwarze Schafe geben.

Aber wollen wir das Handeln in der Firma auf diese 1-3% ausrichten? Wollen wir appellieren? Und dann kontrollieren, ob unsere Ansagen eingehalten werden? Immer wieder? Das ist doch wirtschaftlicher Nonsens. Und ungeheuer frustrierend.

Besser, wir konzentrieren uns auf die 99%.

Und wenn sich dann doch ein paar schwarze Schafe zeigen sollten, dann schmeißt sie halt raus. Ein Unternehmen ist kein Wohlfahrtsverein, sondern eine Erfolgsgemeinschaft. Eine Erfolgsgemeinschaft, in der Arbeit Spaß machen kann und darf.

Wir wünschen euch echte Spürhunde, die herausfinden, warum ihr so handelt wie ihr handelt. Und Baumeister, die eine Umgebung schaffen, in der ihr wirklich erfolgreich seid! Für mehr happy working people!

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