Als wir am 1.7. unser “Wir führen anders!” Event veranstalteten, war es mir besonders wichtig, dass genau das nicht passiert. Und ich hoffe, behaupten zu können, dass mein Thementalk mit drei Geschäftsführern von je sehr unkonventionell geführten Unternehmen genau das Gegenteil war.
Als ich das Gespräch selbst noch einmal geschaut habe, fiel mir auf, dass es sich in 11 wesentliche Abschnitte einteilen lässt. Dabei kamen mir außerdem je Abschnitt schnell einige Ideen, die ich mit Dir teilen möchte und die Du im Alltag erproben kannst, um eure Management-Arbeit wirksamer werden zu lassen.
Los geht’s…
Abschnitt 1: Bedeutung von Aha-Momenten
Ich sprach am Anfang mit meinen Gästen über ihre persönlichen Aha-Momente im Zusammenhang mit Führung. Was sie alle gemeinsam haben: Indem sie einen Blick für systemische Zusammenhänge gewannen, hat sich die Art, wie sie führen, stark verändert.
Idee: Sofern Du es noch nicht selbst getan hast, lass Dir von irgendwem, der Ahnung hat – und das müssen ja nicht wir sein – am Beispiel ganz konkreter Führungsherausforderungen erklären, welchen Unterschied es macht, wenn Du Dir die systemtheoretische Brille aufsetzt. Ich kenne kaum jemanden, für den sich durch diesen Perspektivwechsel nicht dramatische Veränderungen im Führungsalltag ergeben haben.
Abschnitt 2: Wozu führt Kulturbeobachtung?
Am Beispiel der AOE GmbH sprachen wir über die Wirkung von Kulturbeobachtung und wie diese leichtgewichtige Intervention weitreichende Verbesserungen zur Folge haben kann.
Idee: Schnapp Dir ein Problem, mit dem ihr gerade ringt und das eure Leistungserbringung stört. Beschreibe dann alle Vorgänge, die rund um das Problem herum stattfinden, indem Du auf den Unterschied zwischen den formal erwarteten Verhaltensweisen (z.B. Prozesshandbücher, Checklisten, Qualitätsstufen etc.) und den tatsächlich stattfindenden Verhaltensweisen hinweist. Mit anderen Worten: Wie klaffen formale und informelle Struktur auseinander. Versucht zu besprechen, ob und wenn ja, welche Reibungsverluste dies verursacht.
Abschnitt 3: Team vs Gremium
Fabian berichtet davon, wie es der Herding GmbH Filtertechnik geholfen hat, zwischen Team und Gremium zu unterscheiden.
Idee: Versuche Deinen Kollegen die Unterscheidung zu erklären und werdet euch in den nächsten Wochen über euren “Betriebsmodus” klar: Wollt ihr gerade ein Team sein, das Optionen ergründet und Ideen sammelt oder wollt ihr ein Gremium sein, das Entscheidungen trifft. Die Unterscheidung entlastet dramatisch.
Abschnitt 4: Kulturbeobachtung: Wie institutionalisiert man sie?
Ich ergründe mit meinen Gästen, wie sich Kulturbeobachtung systematischer institutionalisieren lässt und wie das zum Beispiel konkret in der AOE GmbH der Fall ist.
Idee: Trefft euch einmal im Monat in geeigneter Runde und reflektiert fünf Entscheidungen, die im letzten Monat getroffen wurden. Stellt euch die Frage, was für diese Entscheidungen typisch war. Was ist der gemeinsame Nenner? Welches Muster lässt sich erkennen? Was lernt ihr daraus?
Ergänzung: Gebt typischen Mustern in eurer Organisation, die euch im Weg stehen, einen Namen. Damit erhöht ihr die Wahrscheinlichkeit, sie im Einzelfall mit einem Augenzwinkern ansprechen zu können. Und das wiederum erleichtert euch den Umgang mit ihnen.
FUTURE LEADERSHIP
Die intrinsify Ausbildung
Löse Führungsprobleme, die andere noch nicht mal verstehen.
Abschnitt 5: Wie wirken strukturelle Interventionen?
Oliver berichtet von der Abschaffung der Provisionsregelung und der Abteilungsleiterebene bei der Beutlhauser Gruppe und welche positive Wirkung sich durch diese Intervention entfalten konnte.
Idee: Macht eine Inventur aller Management Instrumente, die ihr aktuell einsetzt. Meistens machen 20% dieser Instrumente 80% der Wirkung aus und nicht selten ist diese Wirkung schädlich. Fokussiert euch auf die vermuteten 20%. Nutzt folgende Arbeitshypothese: “Wir nehmen an, dass dieses Instrument die Wertschöpfung behindern.” Versucht zu erklären, wie dies passiert, bis ihr aufgeben müsst, weil ihr keinen Grund finden konntet.
Abschnitt 6: Wer entscheidet in der Organisationsentwicklung?
Zeitgeist scheint zu sein, Organisationsentwicklung partizipativ zu betreiben. Oliver geht da nur sehr eingeschränkt mit (ich übrigens auch). In diesem Abschnitt versuche ich herauszufinden, wie meine Gäste Entscheidungen in der Organisationsentwicklung treffen.
Idee: Schreibe einen Artikel (der nie veröffentlicht werden muss), in dem Du argumentierst, warum es wirksamer ist, die Theorie zu befragen, als die Mitarbeiter, wenn Du substanzielle Veränderungen in den Rahmenbedingungen der Arbeit vornehmen willst. Wenn Du danach immer noch nicht überzeugt bist, schick mir den Artikel gerne zu und ich schicke Dir eine Sprachnachricht mit meiner Sichtweise.
Abschnitt 7: Schnellfragerunde
Kurz vor der Pause stelle ich meinen Gäste einige Schnellfragen, die sie möglichst kurz beantworten sollen.
Idee: Beantworte die gleichen Fragen für Dich selbst. Ich habe dabei etwas über mich selbst gelernt.
Abschnitt 8: Menschenbild: Haltung vs. Erkenntnis
Wir tauschen uns darüber aus, welches Menschenbild Voraussetzung für Future Leadership ist und welche Stolpersteine damit verbunden sind. Ich stelle die These auf, dass es dazu keiner Haltungsänderung bedarf und frage meine Gäste, ob sie zustimmen.
Idee: Wenn Du das nächste Mal den Impuls hast, in einen operativen Vorgang einzugreifen und eine Entscheidung zu treffen, schnapp Dir einen Zettel und Stift und erkläre mithilfe der Logik, warum dieser impulsive Eingriff gerechtfertigt oder ungerechtfertigt ist. Wenn Du keine logische Erklärung finden kannst, ist es ein Indiz dafür, dass Dir theoretische Grundlagen fehlen und Du deshalb immer auf Deine Impulse zurückgeworfen bist. Theorie schützt vor naiven Interventionen.
Abschnitt 9: Intervention durch Begriffspräzision
Fabian erzählt von der Sprachhygiene bei der Herding GmbH Filtertechnik und wie präzise Unterscheidungen und Begriffsklärungen dazu führen können, dass Gespräche dramatisch an Qualität gewinnen und bessere Entscheidungen getroffen werden.
Idee: Starte ein Begriffsglossar bei euch im Unternehmen. Am besten indem Du Unterscheidungen oder Abgrenzungen vornimmst. “Was verstehen wir unter Innovation? Was verstehen wir darunter nicht? Was meinen wir, wenn wir Fehlerkultur sagen und wovon unterscheidet sich das?” usw.
Abschnitt 10: Persönliche Herausforderungen meiner Gäste
Oliver, Fabian und Daniel sprechen über innere Blockaden, Selbstgespräche, Spannungsfelder und wie sie mit all dem umgehen. Sollten Führungskräfte Schwächen zeigen oder sich entschlossen geben?
Idee: Als Führungskraft kann es einsam sein. Suche Dir eine Person, die Deine Rolle inhaltlich verstehen kann und mit der Du bereit bist, von Deinen ganz persönlichen Herausforderungen zu erzählen. Eine andere Führungskraft in vergleichbarer Rolle zum Beispiel. Hätte ich in der Gründungsphase keine anderen vertrauten Gründer gehabt, wäre ich schier wahnsinnig geworden.
Abschnitt 11: Strategie und Prinzipien in der Praxis
Eines meiner Lieblingsthemen: Wir tauschen uns darüber aus, wie strategische Prinzipien im Unternehmensalltag Wirksamkeit entfalten können und ich bekomme Einblicke in den Betriebsalltag meiner Gäste.
Idee: Wenn Du Entscheidungen triffst und dabei ein schlechtes Gewissen bekommst, weist das darauf hin, dass Du explizit oder implizit geltende Prinzipien verletzt. Versuche eine Inventur von Entscheidungssituationen vorzunehmen, bei denen Du eine Entscheidung triffst, die Du für nötig hältst, aber zugleich ein schlechtes Gewissen bekommst. Diese Beispiele dienen Dir als Hinweis für widersprüchliche Organisationsprinzipien und damit womöglich auf eine fehlende Grundsatzklärung.
Ich freue mich über jede Rückmeldung über den Einsatz dieser Ideen. Dabei lerne ich auch immer etwas.