Schwächen klassischer Führungstrainings
Mein erstes Führungstraining war so inspirierend wie es überzeugend war. Zudem hat es bei mir eine richtige Aufbruchstimmung ausgelöst. Doch ich musste bald feststellen, dass die Emotionen im Training und die Zufriedenheit vor Ort wenig mit der Wirksamkeit in der Praxis zu tun haben würden. Die blieb nämlich weitestgehend aus.
Die alten Hasen wissen das natürlich bereits, bevor sie zum drölften Mal von HR oder ihrem CEO zu einem Training geschickt werden. Das Urteil reicht von „immer mal wieder ganz inspirierend, über den Tellerrand zu blicken“ bis zu „pure Zeitverschwendung“.
Doch woran liegt das eigentlich? Woran mangelt es?
Die Gründe sind vielfältig.
Trockenübung
Ein gängiger Vorwurf liegt auf der Hand: Egal wie interaktiv ein Training aufgebaut ist, wie sehr Rollenübungen eingesetzt oder Praxisfälle eingebracht werden, am Ende ersetzt nichts die Übung in der eigenen Praxis. Wir haben selbst ein offenes Akademie-Angebot und arbeiten hartnäckig gegen diese Schwäche an. Trotzdem bleibt es eine.
Führungsstil statt Führungssystem
Ich habe noch keine systematische Erhebung durchgeführt, doch die hunderten Seminar- und Trainingsangebote zum Thema Führung, die mir über die Jahre begegnet sind, fokussieren sich weitestgehend auf den Führungsstil.
Es geht um Mitarbeiterförderung, -entwicklung, -gespräche, um Konflikte, um Persönlichkeitstypen usw.
Worum es sehr selten geht: das Führungssystem. Also die Auf- und Ablauforganisation, die Managementinstrumente, die Ursache-Wirkmechanismen in komplexen Systemen und alles, was den Rahmen bildet, der bestimmtes Verhalten fördert und anderes behindert.
So wie der Bauingenieur ein Verständnis von Statik benötigt, so braucht die heutige Führungskraft im Top-Management ein Verständnis von Organisationssoziologie – man könnte es auch Organisationsphysik nennen.
Wenn das fehlt, fühlen sich die Techniken und Methoden auf der Individualebene – so wertvoll sie für sich genommen sind – wie ein Tropfen auf den heißen Stein an. Die Führungskräfte merken einfach, dass die Inhalte irgendwie nicht den Kern adressieren, sondern eher auf der Symptomebene wirken.
Jeder lernt anders
Lernen ist eine sehr individuelle Angelegenheit. Manche lernen autodidaktisch, manche brauchen die Reibung mit einem Lehrer, wieder andere lernen gerne in der Gruppe.
Weder die Gießkanne noch die Zwangsbeglückung sind geeignete Zutaten, wenn es ums Lernen geht. Doch wenige Trainings berücksichtigen das – können sie häufig auch gar nicht.
Kein Lernen als Team
Damit eine Führungsmannschaft ihren Namen verdient, müssen ihre Mitglieder in Resonanz sein. So wie im Sport, wo man sich blind versteht und sich deshalb auf die Laufwege seines Mitspielers ausreichend verlassen kann.
Dieser Aspekt kann in klassischen Trainings gar nicht befriedigt werden. Denn sogar, wenn alle Führungskräfte eines Führungskreises die Weiterbildung besuchen, kann trotzdem nicht gemeinsam an der eigenen Organisation gearbeitet werden – höchstens mal in der Pause oder einer Breakout-Session. Und das ist schon besser als nichts.
Genervt vom Change-Mainstream?
Wir lösen gemeinsam eure Führungs- und Wertschöpfungsprobleme. Ohne das übliche Business-Theater.
Alles Quatsch?
Natürlich nicht. Klassische Führungstrainings haben ihren Platz. Doch wenn ein loser Verbund von Führungskräften zu einer Führungsmannschaft zusammenwachsen will, sind sie definitiv die falsche Wahl.
Auf C-Level Ebene ist ein ausführliches Programm für eine Führungskraft, bei einem renommierten Trainingsinstitut, zudem mit Investitionen in Höhe von 25.000 bis 100.000 Euro verbunden, gerne auch mehr. Wenn das dann alle im C-Level machen, muss die Frage erlaubt sein: Geht es nicht eine Portion wirksamer?
Wir praktizieren eine Art des Kompetenzaufbaus, der deutlich verwobener mit der betrieblichen Praxis ist. Ich nutze heute erneut das (an James Clears Newsletter angelehnte) 3-2-1 Format, um Dir daraus ein paar Impulse zu geben, mit denen wir gute Erfahrungen gemacht haben. Ich hoffe, Du kannst Dir davon etwas Nützliches abgreifen.
3 Ideen
1. Individualisiert die Lernreise
Wenn jeder anders lernt, warum nicht jeden anders lernen lassen. So machen wir das in unserem neuen Kaderschmieden-Programm. Bei einer überschaubaren Anzahl von Führungskräften ist der Aufwand mehr als vertretbar, insbesondere im Kontrast zu den Investitionen, die euch bei den renommierten Instituten blühen würden.
2. Flechtet die Alltagspraxis in die Lerninhalte ein
Verschafft euch einen gründlichen Eindruck von der Wertschöpfung und den Herausforderungen der Führungskräfte. Lernt eure eigene Unternehmenskultur besser kennen. Informiert euch über laufende Projekte. Versteht die Strukturen und genutzten Management-Instrumente. In unserem Fall machen wir all das in Form von verketteten Gesprächen mit den Mitarbeitern.
Auf dieser Basis seid ihr nun in der Lage, die Führungskräfte im Lernprozess ständig mit ihrer eigenen Organisation zu konfrontieren. Indem ihr nämlich jeden neuen Impuls mit einem Beispiel aus der Praxis der Führungskräfte garniert. Und das ist nur der Anfang.
Ihr könnt bereits in den Lerninhalten neue Erklärungen für tagtägliche Symptome liefern, vorausgesetzt eure Analyse war gründlich und ihr habt ein Verständnis für die „wahren“ Ursachen einiger Probleme gewonnen.
Ihr könnt auch Übungen einbauen, die zur Verprobung neuer Werkzeuge in der Praxis einladen. Diese Übungen werden etwas taugen, denn schließlich habt ihr die Praxis gewissenhaft studiert. Ihr könnt Mitarbeiterstimmen einflechten, die den Führungskräften sofort vertraut erscheinen werden (bitte Betriebsrat einbinden) usw.
Wenn einer Führungskraft ihr eigener Alltag beim Lernen begegnet und sie zudem plötzlich mit einer anderen Brille auf diese Praxis blicken kann, wird sie sich selten mit ihrer Neugier zurückhalten können. Mit anderen Worten: Das erzeugt Pull.
3. Macht die „Verdauung“ des Gelernten zum Team-Projekt
Jedes Mitglied des Top-Managements muss auch am Lernprozess beteiligt sein – das ist eine der Bedingungen, die wir in unserem In-House Programm setzen. Denn wenn das neu Gelernte mit den Herausforderungen des Alltags im Managementkreis vergemeinschaftet wird, findet unweigerlich eine substanzielle Auseinandersetzung mit dem Führungssystem des Unternehmens statt.
Genau hier liegt der Hebel. Der richtige Kreis sitzt beisammen und es entsteht das, was wir hochtrabend eine gemeinsame Wirklichkeitskonstruktion nennen. Genau die bildet die Grundlage für belastbare Entscheidungen und ein abgestimmtes Spielsystem. Jetzt können widersprüchliche Strukturen aufgelöst, destruktive Management-Instrumente abgeschafft, neue Rituale etabliert und alltagstaugliche Prinzipien verhandelt werden.
2 Zitate von anderen
Die folgenden zwei Zitate finde ich in diesem Zusammenhang treffend:
1 Frage an Dich
Angenommen, Du könntest ohne Budgetbeschränkungen das perfekte Lernprogramm für Dich selbst aufbauen, wie sähe es aus? Was bedeutet das für die Entwicklung von Führungsteams?