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Der Ruf nach Klärung ist selten einer nach Regeln

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Solltest du als Chef Regeln erlassen?

Was solltest Du tun, wenn Deine Mitarbeiter nach Klärung rufen? Wenn Mitarbeiter unterschiedlicher Meinung sind? So wie es jetzt oft der Fall ist, wo im Zuge von Corona so viele neue Unsicherheiten entstehen.

Womöglich bist Du versucht, die Klärung mit einer eindeutigen Regel herbeizuführen. Doch solltest Du diesem Impuls wirklich nachgehen? Was spricht dafür und was dagegen? Darum soll es heute gehen.

Nehmen wir an, Deine Mitarbeiter arbeiten im Einkauf. Sie müssen sich nach neuen Lieferanten umsehen, weil viele Lieferketten zusammengebrochen sind und es zügig Alternativen braucht. Die bisherigen internen Absprachen haben ihre Gültigkeit verloren bzw. passen nicht zu der Situation.

Bislang hatte man sich auch über die Werksgrenzen hinweg mit Kollegen gleicher Warengruppen abgestimmt, doch dafür bleibt keine Zeit. Es wird entschieden, ohne eine interne Entscheidungsreferenz zu haben.

Nachdem entschieden wurde, trifft die Entscheidung auf die Reaktion der Organisation. Empörung ist dabei: »Wie konntest Du nur?«
Aber auch Anerkennung: »Respekt, auf die Idee mit der Kommissionsware wäre ich bei uns gar nicht gekommen.«
Natürlich auch allerlei andere Meinungen: »Ganz nette Idee, aber Du hättest trotzdem nach Rabattstaffeln fragen sollen.«

Diskussionen entbrennen. Es wird nach Klärung gerufen. »Dafür braucht es beim nächsten Mal aber eindeutige Kriterien.«

Und jetzt?

Der Ruf nach Klärung ist selten einer nach Regeln

Wenn in neuem Terrain navigiert wird, müssen ständig Entscheidungen getroffen werden, denen noch keine ähnlichen voraus gegangen sind. Die Kommunikation ist auf solche Situationen noch nicht eingestellt und hält weniger Referenzen vor, auf die sie sich beziehen könnte. Die einzige Orientierung bietet das Terrain selbst.

Die Kommunikation gerät ins Stocken und „testet“, womit Resonanz erzeugt werden kann. Mit anderen Worten: Diese Situationen führen unweigerlich zu einem erhöhten Diskussionsaufkommen. Das belastet, kostet Zeit, reibt auf, schürt Konflikte.

Noch deutlicher: Da streiten sich Mitarbeiter. Da finden spontane Meetings in der Kaffeeküche statt. Es wird eskaliert. Es bleiben Aufgaben liegen. Nichts, was man gerne aushält.

Aber es sind eben diese Belastungen, Zeitaufwendungen, Reibungen und Konflikte, die nötig sind, damit gelernt werden kann. Sie sind geradezu die perfekte Gelegenheit zum Lernen. Organisationales Lernen ist ein kommunikativer Verdauungsprozess. Damit gelernt werden kann, muss also auch kommuniziert werden können. Und genau diese Kommunikation wird durch Regeln unterbunden.

»Ab sofort akzeptieren wir kein Angebot ohne Rabattstaffeln. Sowas darf uns nicht noch mal passieren!«

Wer als Chef, Kraft seines Amtes, eine solche Regel etabliert, regelt das Lernen gleich mit ab. Denn jetzt muss nicht mehr kommuniziert werden. Die Kommunikation hat sich ja erübrigt, die Regel hat das Verhalten vorweggenommen. Der Weg ist klar vorgegeben – egal ob er zur Situation passt oder nicht.

Regeln sind verführerisch, denn sie beenden unbequeme Diskussionen und lassen neue erst gar nicht aufkeimen. Wer Regeln erlässt, lässt zudem Entschlossenheit vermuten. Und wer möchte nicht entschlossen wirken?

Doch wo immer die Gefahr besteht, dass eine Regel nicht zur Situation passen könnte, ist sie Fehl am Platz. In Gegenwart von Regeln führt der Irrtum (der Regel) ausschließlich zu Frust. In Abwesenheit von Regeln kann er zum Lernen führen.

Deshalb solltest Du Dich mit der Etablierung von Regeln hüten. Nur da, wo Du von gesichertem Wissen ausgehen kannst, taugen Regeln. Gesichertes Wissen bedeutet, dass der Ausgang einer Situation bekannt sein kann. In einer Einkaufsverhandlung ist das quasi kaum denkbar.

Liegt ein solches gesichertes Wissen über die Zukunft nicht vor, trägst Du mit jeder eingeführten Regel ein klein wenig zur Lernunfähigkeit der Organisation bei. Das Resultat ist weniger Wendigkeit, weniger Verantwortungsübernahme und im Ergebnis weniger wirtschaftlicher Erfolg.

Deshalb lautet das 5. Future Leadership Prinzip auch „Institutionalisiert Verantwortungsübernahme“, was durch die Idee motiviert ist, das (eigene) Denken nicht mit Regeln zu ersetzen, sondern es regelrecht zu institutionalisieren.

Ich hatte und habe immer noch selbst einen Hang zur Regelung. Das ist Teil meiner Sozialisierung, den ich nur schwer abschütteln kann. Ich brauche also meinen Verstand, um diesem Impuls zu widerstehen. Was mir dabei geholfen hat, ist die Inspiration durch Menschen, die in dem Ruf nach Klärung keinen nach Regeln sehen wollen, sondern ein gut getarntes organisationales Lernbedürfnis unterstellen.

Wie geht man denn bei Euch mit neuen Situationen um? Haltet Ihr die Unklarheit gemeinsam aus oder wird das Vakuum immer gleich mit einer Regel gefüllt? Wie macht Ihr das konkret? Habt Ihr Abwehrraketen für Regeln entwickelt? Würde mich echt interessieren.

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Danke für diesen Beitrag, Mark! Mir gefällt darin die Aufforderung zum Selberdenken und -entscheiden sowie den Mut zur konstruktiven Auseinandersetzung statt dem stumpfen Befolgen von Regeln.
Allerdings haben Regeln oder zumindest Leitplanken dann ihre Bewandtnis, wenn es gerade in größeren Organisationen um Fairness geht, zum Beispiel wie mit Kunden oder Mitarbeitenden umgegangen wird. Wenn hier subjektiv von Fall zu Fall entschieden wird, könnte es passieren, dass manche sich (womöglich zurecht) schlechter als andere behandelt fühlen. Aber auch hier ist selten ein Fall wie der andere. Somit sind aus meiner Sicht klare Prinzipien die beste Wahl, um die individuelle Entscheidung im Sinne des Unternehmens zu erleichtern.

Wieder ein Denkanstoss, den ich gern weitergebe. Danke Mark! Gerade jetzt in dieser Ausnahme-Zeit entstehen in meinem Arbeitsumfeld (DIN ISO Managementsysteme) wahrscheinlich einige neue Regelungen und Prozesse und blähen das Normen-Monster weiter auf.
Was mir an dieser Stelle der Diskussion allerdings immer wieder fehlt, ist die Differenzierung zwischen „freiwilligen“ formalisierten Regeln als indirekte Führungstools und den Regelungen, die sich aus gesetzlich diktierten Schutz- und Sicherheitsmaßnahmen z.B. zu Arbeits-, Informationssicherheit oder Umweltschutz ableiten. Hier sind Unternehmer durch die gesetzlichen Organisationspflichten ja gezwungen, nachweislich etwas zu unternehmen – auch ohne DIN ISO Zertifikat. Zudem helfen solche Regelungen und Rahmenbedingungen ja tatsächlich, bekannte Risiken zu senken und damit Vor-, Un- und Störfälle zu reduzieren… Eine dauerhafte Verlagerung auf die „Vorderbühne“ kann da nicht die Lösung sein. Hier ist es vielleicht auch der Umgang mit den Regeln, der sich ändern sollte…..

Regeln und Gesetze entlasten mich bei meiner Verhaltens- u. Handlungs-Wahl. Außerdem brauche ich nicht die Verantwortung für meine Handlungen und deren Wirkungen auf Mitmenschen und Umwelt übernehmen, wenn ich den Regeln folge. Hier wirkt die Angst vor Freiheit und Eigenverantwortung.

Eigentlich könnte eine Regel genügen:

„Respektiere die Handlungen und Leistungen deiner Mitmenschen,mache Angebote (Informationen, Leistungen, Dinge, Geld u. andere Rechte) statt Androhungen und schade weder Mitmenschen noch der Umwelt.“

Vielleicht bin ich einfältig u. naiv, aber mir genügt diese Regel. Mein Gewinn an Wohlbefinden, Zufriedenheit und Allgemeinwohl genügt mir.

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