Drei wichtige Prinzipien

Der Talent-Irrtum

Wie auf Helden fixierte Manager Leistung hemmen
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Silodenken
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Meeting-Wahnsinn: Wieso die üblichen Tipps nichts bringen
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»Ich verstehe das einfach nicht«, sagte der Geschäftsführer zu mir. »In den letzten zwei Unternehmen habe ich quasi genau das gleiche gemacht und alles flutschte. Und jetzt: Pustekuchen. Die nehmen mich nicht mal ernst hier.«

Diesen Geschäftsführer hatte ich in einer meiner 1:1 Sparrings begleitet und er musste mit Erschrecken feststellen, dass er bei seinem neuen Arbeitgeber überhaupt nicht andocken konnte.

Und das ist keine Seltenheit. Vermutlich kennst Du dieses Gefühl auch. Obwohl Du der gleiche Mensch bist, kannst Du in einem Kontext Dein ganzes Potenzial abrufen, während Du in dem anderen geradezu verkümmerst.

Doch woran liegt das und was bedeutet es für die Arbeit von Führungskräften?

Talent und Können

Talent und Können lassen sich auf verschiedenste Art und Weise voneinander unterscheiden. Für mich ist die folgende Definition am nützlichsten:

Talent umfasst das kontextunabhängige Kompetenzbündel, das einem Menschen anhaftet. Es schließt seine Potenziale ein, bestimmte Fähigkeiten zu entwickeln bzw. bereits entwickelt zu haben.

Können beschreibt die Kompetenzen, die sich erst in Verbindung mit einem spezifischen Kontext manifestieren. Das heißt, Können existiert auch immer nur im Zusammenhang mit einem konkreten Kontext.

Mein Können bei intrinsify entspricht also per Definition nicht dem Können, das man mir in einer anderen Firma zuschreiben würde. Mein Talent hingegen bleibt kontext-stabil.

Warum ist das wichtig?

Wer Menschen beurteilt, beurteilt Kontexte

Jedes Urteil, das wir über einen anderen Menschen anfertigen, ist immer auch ein Urteil über den Kontext, in dem wir ihn beobachten. Wir können Menschen per Definition nicht kontext-neutral beobachten. Das nackte Talent wird nie sichtbar.

Diese Erkenntnis hat weitreichende Konsequenzen. Sie stellt insbesondere Assessment Centre, Beurteilungssysteme, Intelligenztests, 360 Grad Feedbacks und allerlei andere Kompetenzbestimmungsversuche ganz grundlegend in Frage.

Denn je objektiver ein Verfahren vorgibt zu beurteilen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es daneben liegt. Schließlich funktioniert Objektivierung nur über Vergleichskriterien. Und Vergleichskriterien können Kontextunterschiede nicht berücksichtigen, sonst wären sie ja nicht objektiv. Sie müssen zwangsläufig gewisse Variablen “festhalten”, also als stabil annehmen. Sie messen also unter Laborbedingungen.

Jetzt hältst Du womöglich dagegen und sagst: »Ja, alles schön und gut. Und trotzdem überwiegt ja in der Gesamtbetrachtung das Talent eines Menschen. Also muss ich doch weiterhin nach den besten Talenten Ausschau halten.«

Das wäre deutlich zu kurz gesprungen.

Mortalitätsraten-Anomalie

Robert Huckman und Gary Pisano untersuchten in einer Studie aus dem Jahre 2003 Chirurgen, die parallel in unterschiedlichen Krankenhäusern operierten. Und man würde ja meinen, dass diese Ärzte ihre Erfahrungen aus dem einen Krankenhaus in das andere übertragen könnten. Fehlanzeige!

Die beiden Wissenschaftler stellten fest, dass ein signifikanter Teil der Leistung an den Krankenhäusern haftete, nicht an den Ärzten. Die Mortalitätsrate sank zwar bei den Chirurgen, die in einem Krankenhaus viele Operationen durchgeführt hatten, doch diese Leistungszunahme konnte in anderen Krankenhäusern nicht repliziert werden, ohne dort zuvor ebenfalls Erfahrung zu sammeln.

Und wir sprechen hier wohlgemerkt von den Göttern in Weiß. Wie mag es erst aussehen, wenn die Leistung noch viel enger ineinander verflochten ist, wie das in den durchschnittlichen Unternehmen der Fall ist? Dort muss eine Hand ständig in die andere greifen und die gegenseitige Abhängigkeit ist häufig noch höher als im Operationssaal.

Was bedeutet das für das Management?

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3 wichtige Prinzipien für Manager

Wenn Leistung im Verbund entsteht, Können kontextspezifisch ist und Übung zur Meisterschaft führt, dann ergeben sich daraus drei wichtige Prinzipien für das Management eines Unternehmens.

Kontextarbeit statt Talentprogramme

Das Führungssystem mit seinen Management-Instrumenten, der formalen Struktur, den Prozessen, den Richtlinien usw. bildet den Kontext, der seinerseits bestimmt, welche Talente sich wie entfalten können. Wenn es stimmt, dass Können immer auch Ausdruck des Kontextes ist, dann muss die Arbeit am Kontext eine der wesentlichen Führungsaufgaben sein. Jeder Versuch, ein Talent zu entwickeln, verblasst im Kontrast zu dem Hebel der Kontextarbeit.

Passung statt Heldentum

Wenn ein Mitarbeiter immer erst im Verbund Wirkung entfalten kann, wenn heute also nahezu jede Wertschöpfung einen gewissen Teil komplexer Arbeitsteilung voraussetzt, dann muss es wichtiger sein, auf die Passung von Mitarbeitern zu Teams zu achten, als auf ihre individuelle Exzellenz.

Ich möchte nicht missverstanden werden. Natürlich haben manche Menschen außergewöhnliche Talente. Überhaupt hat jeder Mensch Talente. Aber es sind eben “nur” Talente. In dem einen Unternehmen mag Jana eine Könnerin sein, während sie im anderen um Anerkennung ringt. So wie der Geschäftsführer, den ich begleiten durfte.

Das Talent ist immer noch da, doch es gerät nicht in Resonanz mit dem System. Das kennen wir von Sportmannschaften, in denen die besten Talente nur mit einem passenden Team auch zu den besten Sportlern werden.

Überkapazität statt Effizienzdogmatismus

Komplexe Wertschöpfung besteht aus der Lösung von Problemen, für die Wissen nicht ausreicht. Wo Wissen nicht ausreicht, braucht es Übung. Nur so kann aus einer Gruppe von Menschen ein Team werden, das die Kapazität vorhält, unbekannte Situationen bewältigen zu können.

Mitarbeiter auf Basis von Skill-Profilen oder Recruiting-Algorithmen geradezu mathematisch zusammenbringen zu wollen, ist dabei wenig erfolgversprechend.

Echte Mannschaften sind gefragter denn je. Ihre Beständigkeit und innere Synchronisierung erlaubt den Umgang mit der Dynamik der Umwelt. Damit sich diese bilden kann, braucht es Inseln der Stabilität.

Dazu gehört – niemand hört es gerne – auch Überkapazität und Redundanz. Wo auf Basis von Auslastungs- bzw. Produktivitätskennzahlen gesteuert wird und auch die letzte freie Minute eines Mitarbeiters verplant wird, gerät jede Übungsgelegenheit unter die Räder des Effizienzwahns.

Wo Teams wieder zerrissen werden, bevor sie ihren Namen verdienen, kann weder ein Gefühl füreinander noch für eine gemeinsame Wertschöpfung entstehen.

“Mein” Geschäftsführer hat den neuen Arbeitgeber übrigens nur Monate später wieder verlassen. Er fand einen neuen Job und seitdem wird er auch wieder als Könner bezeichnet.

 

PS: Zu meiner Sicht auf Studien habe ich mich schon das eine oder andere Mal geäußert (hier zum Beispiel). Deshalb will ich die zitierte Studie nur als Anekdote verstanden wissen, nicht als Beleg für meine Argumentation – dafür reicht die Systemtheorie, auf die ich hier fortwährend zurückgreife.

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