Vergiss die Leitfäden
Was macht eigentlich einen virtuellen Workshop, eine Videokonferenz, ein Remote-Coaching oder eine Online Konferenz erfolgreich?
Auf diese Frage scheinen derzeit viele eine Antwort zu haben. Anders kann ich mir die inflationäre Zunahme der Veröffentlichungen zu diesem Thema nicht erklären. Ich nehme an, Dir geht es auch so. Man wird ja regelrecht überfahren von Checklisten, Frameworks, Leitfäden & Co.
Was geht Dir dabei durch den Kopf?
Vielleicht: »Je mehr solcher Angebote ich bekomme, desto mehr nerven sie mich und verlieren an Wert.«
Oder: »Bitte hilf mir nicht, es ist auch so schon schlimm genug!«
Oder gar: »Vielleicht ist da was dran, ich schau es mir mal an.«
Für das nächste Mal, wenn Dir in Deinem LinkedIn Feed oder auf Twitter eine verheißungsvolle Anleitung zur Virtualisierung der Arbeit begegnet, möchte ich Dir eine kleine Denkstütze anbieten, mit der Du den Prozess in aller Regel beschleunigen kannst. Für treue Leser meiner Mails ist es nur eine Erinnerung, denn die kennen diesen Pfad im Denken bereits.
Worauf kommt es im (virtuellen) Workshop an?
Ein Workshop (ersetze Workshop nach Belieben durch Konferenz, Coaching, Meeting) ist ein hochkomplexes soziales System. Deshalb verläuft kein Workshop wie der andere. Manche Workshops sind grausig, andere ein kurzweiliges Tageshighlight.
Wie kommt das, wenn doch manche Workshops im selben Unternehmen, mit denselben Methoden und Inhalten, im selben Raum, zur selben Tageszeit, denselben Teilnehmern und derselben Länge abgehalten werden?
Genau das macht Komplexität eben aus. Es ist nicht vorhersehbar. Es ist kontingent – sagt man.
Aber was Dir aufgefallen sein dürfte: Wann immer bestimmte Menschen einen Workshop moderieren, steigt die Chance dafür, dass es ein guter Workshop wird. Die kriegen das irgendwie hin. Wenn man sie jedoch fragt: »Wie machst Du das?«, braucht man nicht hinhören.
Denn eine Frage, die mit Wie beginnt fragt nach Wissen. Wissen macht aber in einem komplexen System nicht den entscheidenden Unterschied. Den entscheidenden Unterschied macht das Talent, einen Workshop moderieren zu können.
Das ist solchen Talenten aber selten bewusst. Deshalb wundern sie sich, wieso das anderen so schwer fällt und antworten auf die Wie-Frage nicht selten mit den Methoden, die sie nutzen. Dabei blenden sie vollkommen aus, dass nicht die Methoden sie, sondern sie die Methoden erfolgreich machen. Mehr noch: Sie halten sich meist gar nicht an die Methode, sondern legen selbige so aus, dass sie (unbewusst) von ihrem Talent Gebrauch machen können, anstatt Sklave der Methode zu werden.
Es kommt in einem Workshop also nie primär auf die Methode, sondern immer primär auf den Moderator an.
FÜHRUNG 2024
und wie du das 2024 mit den wirksamsten Hebeln ändern kannst.
Und nu?
Wenn Du Dich also fragst, wie Ihr Eure virtuellen Workshops wirksamer gestalten könnt, dann streiche das Wie und frage: »Wer? Wer sollte den Workshop moderieren?« Und diese Frage kann Dir keine Checkliste der Welt beantworten, denn sie kennt Dein Unternehmen ja nicht.
Hat sie trotzdem einen Wert – die Checkliste? Womöglich. Wenn Du nämlich selbst ein Moderationstalent bist. Und – ganz wichtig – wenn Du sie nicht zu ernst nimmst. Denn dann inspiriert sie Dich vielleicht zu einer neuen Idee.
Aber um es zu zuspitzen: Müsste ich mich zwischen einem Artikel zur Moderation virtueller Workshops und einem zum Herdenverhalten von Oryxantilopen entscheiden, würde ich letzteren wählen. Und das ist kein armseliger Versuch einer Schlusspointe. Das meine ich so wie ich es schreibe.
Denn die Gefahr, meine Kreativität durch die auf Allgemeingültigkeitsanspruch generalisierten Empfehlungen anderer zu hemmen, schätze ich viel höher ein als die mögliche Inspiration.
Jeder gelesene Leitfaden erhöht die Wahrscheinlichkeit, sich von einem Faden leiten zu lassen. Ganz unbewusst wird man zum Mittelmaß hingezogen. Auch wenn man sich noch so fest vornimmt, anders denken zu wollen.
Zur Ehrenrettung der Autoren solcher Leitfäden: Ruf sie an! Sie selbst mögen unfassbare Moderationstalente sein, die auf großartige Ideen kommen könnten, was Ihr in Eurem Unternehmen, bei Euren Mitarbeitern und Eurem ganz konkreten und einzigartigen Herausforderungen tun könntet, um die virtuellen Workshops aufzuwerten. Aber diese Ideen können sie erst äußern, wenn sie Euch kennen. Komplexität ist immer nur konkret zu bewältigen, nie abstrakt.
Danke Mark, Du hast mir aus der Seele gesprochen.
Hi Mark
Du sprichst mir aus dem Herzen. Leit-Faden verleitet zum Plan erfüllen und nicht die Bedürfnisse der Teilnehmenden berücksichtigen. Störungen zu berücksichtigen. Und blockiert eigene Kreativität. Ich bin selbst gern eine Plan-Erfüllerin und muss mich immer wieder daran erinnern, dass es nicht darum geht. Die besten Workshops und Seminare sind die, die mit Intuition schwingen. Lies dazu gerne mein Artikel in LinkedIn: https://www.linkedin.com/pulse/der-computer-und-onlinetools-nicht-können-christina-spielberger/?published=t
Sonnige Grüße Christina