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Wieso Kulturentwicklung scheitern muss

Der Inkonsistenzradar der Kulturentwicklung

Mit diesen 4 Schritten verschaffst Du Dir Gehör für wirksame Organisationsentwicklung
Aus HR wird People & Organisation
Philipp Simanek
Aus HR wird People & Organisation
Wie gibt man einem anderen Mensch die Möglichkeit, zum Könner in einer Domäne heranzuwachsen? Kurz und knapp: Erst »Follow the rules« und danach »F*** the rules«. Ausführlicher erklärt Dir Lars Vollmer wie Du zum Könner wirst.
Lars Vollmer
Don't f*** the rules – Wie Du zum Könner wirst
Es ist verführerisch, den Unterschied zwischen Methoden und Könnern zu ignorieren. Lars Vollmer hat in den letzten Jahren Menschen kennengelernt, die das tun.
Lars Vollmer
Wer löst besser die wichtigen Probleme: Methoden/Rezepte oder Könner?
Partizipations-Theater in Agilen Organisationen Im Gespräch mit Daniel Pötzinger, CTO der AOE GmbH, und Philipp Simanek von intrinsify
Philipp Simanek
Partizipations-Theater in Agilen Organisationen
Mark hat lange daran gezweifelt, dass es den Fachkräftemangel gibt. Bisher vertrat er die These, dass der Mangel eigentlich nur der Rekrutierungsindustrie in die Karten spielt. Was ist also tatsächlich dran am Mythos „Fachkräftemangel“?
Mark Poppenborg
War for Talents

In Deinem Unternehmen gibt es ein Leitbild mit Unternehmenswerten. Die Werte werden aber nicht “gelebt”, wie es immer so schön heißt. Immer wieder gibt es deshalb Versuche, die Kultur zu entwickeln. Du folgst uns schon eine Weile und bist inzwischen davon überzeugt: Eine Kultur lässt sich nicht zielgerichtet entwickeln, sie ist der Schatten der Verhältnisse. Das will aber niemand hören und es ermüdet Dich, immer wieder gegen den Mainstream anzureden. Trotzdem willst Du wirksam sein. Der Inkonsistenzradar könnte Dir helfen.

Wieso Kulturentwicklung scheitern muss

Die Unternehmenskultur markiert die Grenze zwischen den möglichen und den wahrscheinlichen Entscheidungen, indem sie an die vergangenen erinnert. Oder anders: Kultur ist keine formbare Rezeptur, an die man sich halten könnte, sondern Kultur ist das, was wir aneinander beobachten, wenn wir unser Verhalten aufeinander abstimmen.

Kultur hat deshalb keinen Autor außer sich selbst. Wie ein Fußballspiel, entfaltet sich auch die Kultur aus sich selbst heraus.

Und deswegen kann die Unternehmenskultur auch nicht zielgerichtet entwickelt werden. Versucht man es dennoch, folgen meist Frust und Zynismus, denn alle erleben sich dabei, an etwas arbeiten zu wollen, an dem man nicht arbeiten kann.

Zugegeben, das klingt alles reichlich abstrakt und akademisch. Deswegen findest Du damit in Deiner Organisation längst nicht immer Gehör, auch wenn Du noch so lange an Deiner Argumentationskette feilst und auf ein belastbares und in soziologischen Kreisen längst anerkanntes theoretisches Fundament verweisen kannst.

Das sollte aber kein Grund sein, den Kopf in den Sand zu stecken. Mit der folgenden Vorgehensweise könntest Du Erfolg haben.

Surf die Welle, anstatt sie zu bekämpfen

Anstatt gegen die Kulturentwicklungsprogramme anzukämpfen und ihre Aussichtslosigkeit zu verdeutlichen, instrumentalisiere sie einfach für Deine Zwecke. Surfe die Welle!

Der Gründliche in mir will Dir jetzt zunächst noch weitere Facetten der Unternehmenskultur erklären, zwischen entscheidbaren und unentscheidbaren Entscheidungsprämissen unterscheiden, die Wichtigkeit der Anschlussfähigkeit erläutern und auf die Bedeutung von Resonanzphänomenen eingehen. Aber vielleicht willst Du das alles gar nicht wissen. Und wenn doch, dann besuche unsere kostenlosen offenen Sessions der intrinsify Ausbildung.

FUTURE LEADERSHIP

Löse Führungsprobleme, die andere noch nicht mal verstehen.

Stattdessen gehe ich direkt zu einem pragmatischen Vorschlag über und verletze damit ausnahmsweise mein Arbeitsprinzip, keine Rezepte verteilen zu wollen.

Ich empfehle Dir folgendes Vorgehen:

Schritt 1: Suche Dir ein echtes Problem

Echte Probleme kann sich ein Unternehmen nicht aussuchen. Es sind die Herausforderungen, die es bewältigen muss, damit es überlebt.

Die Produktionskosten so gering zu halten, dass ihre Differenz zu den durchsetzbaren Preisen einen ausreichenden Ertrag gewährleisten – zum Beispiel. Oder Produkte in einer marktüblichen Geschwindigkeit entwickeln zu können.

Diese Primärprobleme rufen meist Sekundärprobleme auf, z.B. einen Lieferantenpool aufzubauen, der die Flexibilität ermöglicht, die es für diese marktübliche Geschwindigkeit braucht.

Häufig gibt es unter diesen Problemen solche, deren Lösung offensichtlich erscheint und dennoch nicht gelingen will. Eigentlich müssten die Mitarbeiter nur Eigeninitiative zeigen, sich mal hinsetzen und ein Konzept ausarbeiten. Es müsste einfach mal jemand Verantwortung übernehmen. Die Führungskräfte müssten zudem loslassen und ihren Mitarbeitern vertrauen. Und abteilungsübergreifend zusammenarbeiten, das wäre auch dringend nötig. Findet aber alles kaum statt.

Genau hier wird also die Kultur vermisst, die sich das Management durch die Verkündung und Einführung von Werten verspricht.

Und genau hier setzt Du an. Schnapp Dir ein solches Problem!

Schritt 2: Inventur der Management-Instrumente

Als Management-Instrumente definiere ich alle Strukturelemente, die den Rahmen der Arbeit bilden und selbige prägen. Dazu gehören Zielsysteme, Methoden der Arbeitsorganisation, Kennzahlen, Teamstrukturen, Prozesse, Qualitätshandbücher, Mitarbeiterbefragungstools, Controlling-Tools, Talentprogramme, Feedbackmodelle, Rekruitierungsprämien usw.

Führe eine Inventur der Management-Instrumente durch, die bei dem von Dir ausgewählten Problem Relevanz haben, d.h. die Arbeit der betroffenen Mitarbeiter prägen.

Trage diese Management-Instrumente nun in der Reihenfolge ihrer gefühlten Relevanz in die linke Spalte des folgenden Dokuments ein:

Vorlage herunterladen

 

Schritt 3: Konsistenzprüfung

Jetzt folgt die eigentliche Prüfung auf Inkonsistenz. In der ersten Zeile trägst Du die proklamierten Werte Deines Unternehmens ein. In der Regel sind es ja fünf, die Felder sollten also reichen.

Anschließend nimmst Du Dir das erste Management-Instrument vor und prüfst ob es den proklamierten Unternehmenswert fördert (+1), widerspricht (-1) oder sich dazu neutral verhält (0).

Plakatives Beispiel: Womöglich bekommt ihr einen Bonus in Abhängigkeit von Zielen, die ihr erreicht. Ihr werdet also dafür belohnt, das Ziel zu erreichen. Gleichzeitig ist einer eurer Unternehmenswerte “Unternehmerisches Denken”. Das ist inkonsistent. Denn Ziele werden meist auf Team-, Abteilungs- oder Bereichsebene festgelegt und fördern lokale Optimierung anstatt ein ganzheitliches Denken im unternehmerischen Sinne.

Noch eines: Vielleicht herrscht eine strikte Präsenzpflicht und die Heimarbeit darf maximal einmal pro Woche und nach Genehmigung des direkten Vorgesetzten in Anspruch genommen werden. Gleichzeitig ist einer eurer Unternehmenswerte “Eigenverantwortliches Handeln” und ein weiterer “Gegenseitiges Vertrauen”. Auch das ist inkonsistent. Die Erklärung spare ich mir.

Auf dieser Basis machst Du weiter. Fokussiere Dich dabei auf die Management-Instrumente, bei denen Du die größte Inkonsistenz zu den Werten feststellst und – ganz wichtig – die eine negative Wirkung auf das in Schritt 1 identifizierte Problem haben. Dabei kann auch die Kooperationskiller-Analyse helfen.

Schritt 4: Reflexionsgespräche

Der Inkonsistenzradar ist natürlich in ersten Linie dazu da, eine konstruktive Reflexion zu fördern und auf unproduktive Widersprüchlichkeiten hinzuweisen, damit diese bearbeitet werden können.

Der Vorteil ist, dass Du eben nicht die Sinnhaftigkeit der Kulturentwicklungsarbeit in Frage stellen musst, sondern Du im Windschatten dieses meist vom Top-Management legitimierten Programms fährst.

Suche Dir dazu passende Gesprächspartner und führe das Gespräch im folgenden Geiste:

“Wir wollen ja, dass unsere Unternehmenswerte zum Leben erweckt werden. Mir sind aber ein paar Inkonsistenzen aufgefallen, die wir aus dem Weg räumen müssen. Das Gute ist, dass wir dabei zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Einerseits fördern wir die Werte und andererseits dürften wir damit auch noch dazu beitragen, einige größere Probleme zu lösen, die wir aktuell haben. Ich zeige Dir das mal am Beispiel unseres Lieferantenpools.”

Mit etwas Glück, bist Du jetzt im Geschäft. Und ohne dass irgendjemand das Gesicht verlieren muss, wird aus einer zähen appellativen Blindleistung eine wirksame Arbeit an den wirksamen Hebeln der Organisationsentwicklung.


Es hat mich etwas Überwindung gekostet, diese rezeptartige Vorgehensweise zu beschreiben. Ich erlaube mir deshalb noch drei Anmerkungen.

Rezeptfalle

Natürlich wird mein Vorschlag nur zufällig gelingen. Nicht weil die in ihm enthaltenen Tipps falsch wären, sondern weil es immer auf mehr ankommt. Womöglich gibt es Kulturmuster in Deinem Unternehmen, die eine andere Vorgehensweise bedingen. Vielleicht erfordert dieser Vorschlag zunächst noch eine gründlichere Auseinandersetzung mit einigen theoretischen Fundamenten, damit die dysfunktionale Wirkung mancher Management-Instrumente überhaupt durchdacht werden kann. Und es könnte noch zahlreiche andere Gründe dafür geben, warum diese Vorgehensweise nicht genau so wirken wird. Und dennoch: Wenn sie Dich auf Ideen bringt, war es die Sache wert.

Werte bleiben ungestaltbar

Das Vorgehen könnte zu dem Missverständnis führen, durch die Wahl der „richtigen“ und die Abschaffung der „falschen“ Management-Instrumente wäre eine gewünschte Kultur mit entsprechenden Werten herstellbar. Das ist nicht der Fall. Ein Wert lässt sich nicht herbeiführen. Ihr könnt aber zumindest die Wahrscheinlichkeit dafür erhöhen, indem ihr die oben beschriebenen Inkonsistenzen beseitigt. Hier gilt also das via negativa Prinzip: Werde los, was verhindert, dann schaffst Du die Bedingungen für die Möglichkeit eines bestimmten Wertes. Mehr ist nicht drin. Und mehr muss auch nicht drin sein, denn die Kultur ist ohnehin kein Selbstzweck. Entscheidender ist die Frage, ob die Management-Instrumente der Arbeit dienen – die Kultur kümmert sich dann schon um sich selbst.

Anschlussfähigkeit

Dieses Vorgehen macht von dem Phänomen der Anschlussfähigkeit Gebrauch. Das ist ein großes Wort in der Szene der Organisationsentwickler. Häufig wird es auf die Fähigkeit reduziert, sich seinen Gesprächspartnern gegenüber verständlich ausdrücken zu können und sich an ihre Gepflogenheiten anzupassen.

Das kratzt nur an der Oberfläche dessen, worum es eigentlich geht. Anschlussfähigkeit bedeutet, Muster eines Systems so in Anspruch zu nehmen, dass eine Irritation nicht bedeutungslos ausgesondert wird, sondern konstruktiv verfangen kann. Das hat viel weniger mit den Vorlieben einzelner Menschen zu tun, sondern mit den Programmen, die hinter den Kulissen das kollektive Verhalten prägen.

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Danke lieber Mark!

Ja, das ist ein echt mächtiges Tool (ich weiß ja, dass Du es mit Tools und Rezepten sehr genau nimmst, kein Anhänger davon bist und immer zu Vorsicht in der Anwendung bei komplexen Situationen rätst)

Nun, ich denke – Du hast das damals im letzten Work X Festival in ähnlicher Art und Weise präsentiert- ich habe das in Deiner Session damals begeistert angehört und mittlerweile schon einige Mal erfolgreich anwenden können.

Das ist auch eine schöne Intervention um das organisationale Immunsystem bei Veränderungsvorhaben zu überlisten.

Danke dafür – auch für den tollen Beitrag!

Liebe Grüße aus Bonn,
Manfred

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